Canadian Rockies
07. Oktober - 13. Oktober 2001
Alberta

 

 

Der erste Abstecher galt in Waterton dem Prince of Wales Hotel bzw. dessen Waschküche, hier erlebte ich 1995 mit den beiden mich damals begleitenden Damen Henrike und Anja ein ausgesprochen lustiges Fest der überwiegend studentischen Belegschaft des Hotels die ob der ausländischen Gäste sehr erfreut waren. Doch diesmal war dort nichts los, alles war dunkel und wir machten uns auf den Weg zum Campground der mitten im Ort direkt am See liegt und fast halb so gross wie der Ort selbst ist. Wie immer stürmte es hier. Es hatte Windböen die den ganzen Camper erzittern liessen. 300 Tage im Jahr Wind von mehr als 5 Bft. Des Surfers Traum. Aber das Wasser des Sees hat wohl auch nur 5°C. Das Wetter war so ungemütlich, dass wir uns nicht wirklich zu einer grösseren Wanderung durchringen konnten (wir waren onhehin zu spät aufgestanden). Nur zum leichten 20 Minuten Spaziergang auf den Bear Hump (Beim Visitor Center, 20 Minuten einfach, 220Hm, 1,2km) reichte es, von dem man einen schönen Blick auf den See und das Dorf hat - allerdings musste man aufpassen, dass man nicht runtergeplasen wurde. Schwieriger war da schon die Suche nach einem geöffneten Café. Wir wurden nicht zufriedenstellend fündig und machten kurzerhand unsere Eigenes mit Seeblick auf.

 

Frisch gestärkt ging es danach weiter nördlich Richtung Crowsnest Pass. Von dort geht die Forest Trunk Road, eine Forststrasse die den gesamten Rockies an der Ostflanke nach Norden folgt, ab. Diese wollten wir ihres besonderen Reizes wegen befahren. Allerdings gab es einen Wermutstropfen: die, wie sich später herausstellte unkundige, Rangerin in Waterton meinte, dass der sehr reizvolle Highway 40 im Anschluss an diese Road geschlossen sei. Vor uns lagen also 120km ungewisse Dirtroad und die Sorge, dass es jederzeit losschneien könnte. Nun gut - wir sind ja doch teilweise auch auf der Suche nach Abenteuern.

 

Die Forest Trunk Road - vor Ort eher als Kanaskis Road bekannt - stellte sich als teiwlweise gefährlich stark waschbrettige Forestroad durch hügeligen Wald heraus. Nicht so besonders reizvoll. Der Reiz lag eher in der relativen Abgeschiedenheit und dem Bangen wann der Camper auseinanderfällt. Naja ganz so schlimm wars auch nicht, aber wenn das Fahrzeug mit der Resonanzfrequenz angeregt wird, wird das Fahrverhalten eigenwillig. Es wurde langsam dunkel. Rechtzeitig vor der Finsternis erreichten wir den Dutch Creek Campground (schöner provincial Ground im Wald am Creek, 15 Can$).

 

Am nächsten Vormittag fischten wir ein paar erfolglose Würfe im Oldman River. Das absolute Gegenteil der Bighornfischerei - zurück in der Realität! Ohne Fisch zogen wir weiter auf dem Waschblech.

 

In Anbetracht der Information die wir hatten, dass der HW40 - also der präferierte und direkte Weg nach Jasper - gesperrt sein sollten, wollten wir bei Kilometer 80 nach Osten auf den HW22 abbiegen. Nach ein paar Kilometern kamen wir auf einem Pass an von dem wir einen kalten und windigen Blick in die Ebene nach Osten hatten. Gerade als wir wieder fahren wollten kam ein Outfitter mit seinem Tieranhänger die Passstrasse aus der anderen Richtung hoch und stieg aus um auf einen Freund zu warten. Ich kam kurz mit ihm ins Gespräch und dabei stellte sich heraus, dass der HW40 immer bis Mitte Dezember offen ist. Die Freude war gross! Wir fuhren also den gekommenen Weg wieder zurück um die Forest Trunk Road weiter bis zur Junction mit dem HW40 zu fahren. Langsam wurde dieser Weg reizvoller, der Wald lichtete sich und man konnte etwas von den Bergen und der Landschaft sehen. Die Luft allerdings roch nach Schnee. Es dauerte auch keine Viertelstunde und die ersten Schneeflocken fielen. Und wie eine Erscheinung kam uns kaum Später ein schwer bepackter Mountainbikefahrer entgegen. Ich rief ihm meine Hochachtung zu und konnte gerade noch hinten auf seinem Gepäck das Gitzo Carbonstativ erkennen. Scheinbar legt auch er Wert auf gute Fotos. Ich kann ihn gut verstehen und denke dabei im Stillen an meine zahlreichen Fotostops, die damit verbundenen Objektiv- und Filmwechsel und die "halt zurück ich brauche doch das Weitwinkel" bzw. "Mist wir haben ja noch die Digicam" während dieser Reise und Ines Geduld dabei.

 

Der Schnee nahm zum Glück nicht zu. Wir erreichten wohlbehalten und ohne Rutschen den HW40. Dieser wurde seinem Ruf gerecht. Wunderbare Berglandschaften, noch verfärbte Aspen und die Berge schon im Schnee. Und dazu kaum Verkehr. Unbedingt empfehlenswert! (In der wärmeren Jahreszeit ist hier angeblich mit dem Peter Lougheed Provincial Park ein besonders schöner Park am Wegesrand. Ab Ende September ist hier aber wohl alles zu.). Das Wetter tat das Übrige und lies die Sonne immer wieder zwischen den Wolken hervorkommen. Kalt und windig war es allerdings. Aber bei diesem Sightseeing-Tourismus durch die Windschutzscheibe stört das nicht.

 

In der Dämmerung erreichten wir Banff und bezogen den wenig reizvollen Mountain View Campground oberhalb der Stadt (alle anderen haben ab Oktober zu). Die besondere Attraktion des Abends sollten die Banff Hotsprings sein. Enttäuschend. Ein kleiner Badekomplex, eingerichtet zur Abfertigung der Touristenmassen - die dann auch in Form einer Kohorte Japaner kamen, offensichtlich gechlortes Wasser in einer Art Swimmingpool. Absolut nicht empfehlenswert. Mit dem Gefühl, dass das nicht gesund sein kann und nach Chlor stinkend kehrten wir diesem Ort den Rücken.

 

Der Nächste Tag begann mit Saukälte und Sonne. Und mit was Alkoholischem wärmt man sich auf? Schnaps! Konkreter Single Malt. Nach Jahren der Abstinenz (Veruscka und Tom kennen den Grund) verspürte ich wieder Lust. Wir suchten uns einen Liquor Store (Alkohol wird in Canada fast so Verkauft wie in Schweden) und erstanden ohne genauerer Betrachtung des Preises eine Flasche Lagavulin. Kenner wissen was gemeint ist.

 

Eigentlich stand im Reiselogbuch, dass man in Banff das Mountainbike bewegen könnte. Aber das Wetter ermutigte nicht dazu. Die Temperatur knap über dem Gefrierpunkt, bedeckter Himmel und Schnee in der Luft. Eigentlich ja nicht bemerkenswert, aber wenn man wochenlang nicht gefahren ist, wäre das ein sehr harter Einstieg. Andererseits brauchte ich aber dringend Bewegung - der Rücken schrie förmlich danach. Eine Route war schnell gefunden. Der Trail am Redearth Creek und weiter zum Shadow Lake schien ideal. Ines wollte mir wohl die Freude des alleine Austobens lassen und beschloss gleichen Weg per Pedes zu begehen. Wir vereinbarten nach zwei Stunden wieder am Camper zu sein. Ich setzte mich auf mein Rad und trat an. Schon bald tat die ungewohnte Höhe in der Lunge ihr Übriges. Der Weg zog sich langsam steigend kurvig durch den Bergwald. Hinter jeder Kurve konnte ein Grizzly sitzen. Das war auch der Grund für meine schwachsinnigen und mehr als lauten Selbstgespräche und der wiederholte Kontrollgriff in die Trikottasche zum Peperspray. Nach ca. 40 Minuten hatte ich die Gabelung zum letzten Teil meines geplanten Weges erreicht. Radeln verboten. Was soll denn das? Naja Rad auf die Schulter ist nicht radeln und anders käme man diesen Weg eh nicht weiter. Ich wollte noch 20 Minuten weitergehen um dann in der Zeit umzukehren. Leichtes Schneetreiben setzte ein und der Weg der mittlerweile eher ein Pfad war war weiss eingepudert aber zum Glück teilweise wieder fahrbar. Die letzten Spuren die man sah waren zwar nicht vom Vortag aber die Einsamkeit hier in der Offseason war offenkundig. Aufpassen, dass man nicht über den Lenker einem Bigwooly in die Arme fällt... Ich erreichte schliesslich die im Sommer bewirtschaftete Lodge ca. 1 km vor dem gesteckten Ziel des Sees. Es war leider Zeit umzukehren. Der Rückweg ging deutlich schneller. Fast schneller als Bären laufen können. Beinahe wurde noch ein Schneehuhn überfahren, dessen Tarntaktik bewegungsloses Verharren auf dem Weg war. Bei Radverkehr ist das wohl die falsche Taktik.

 

Nach einem wärmenden Cappuchino ging es weiter. Langsam setzte auch hier im Tal das Schneetreiben ein. Hinter Lake Louise stellten wir uns auf den Mosquito Creek Campground. Mit der Hoffnung im Fall von Schneefällen hier wieder irgendwie rauszukommen schliefen wir ein.

 

Tatsächlich, es hatte geschneit. Am nächsten Morgen hatte es zwar nur knapp 10cm Neuschnee, auf der Strasse hätte das aber Chaos bedeutet. Schon das Rangierrutschen am Vorabend hatte eindrücklich das Fahrverhalten der Kutsche bei Schnee gezeigt - Ohje! Die Strasse war zum Glück frei. Es war ein wunderschöner Frühwintertag mit Wolken, Sonne und einem halben Sturm am glitzernden Bow Lake. Weiter ging es über Bow Summit zum Peyto Lake. Einem türkis milchigen, von einem Gletscher gespeisten See - das Fotomotiv. Allerdings spielte das mässiger werdenden Wetter nicht ganz mit. Weiter über den Sunwapta Pass zum Columbia Icefield bzw. dem von der Strasse aus zugänglichen Athabasca Gletscher. Der Gletscher zieht sich wie die meisten seiner Art in immer schnellerer Geschwindigkeit zurück und schrumpft und schrumpft. Kurzer Ausflug zur Zungenspitze des Gletschers - das Lokalklima war wie in einem Tiefkühllagerhaus. Weiter auf dem Banff-Jasper-Schnelldurchgang: Ein kleiner Höhepunkt. Vor uns sahen wir einige Autos an der Strasse stehen und das bedeutet hier immer Tiere. In diesem Fall ein keine 15 Meter entfernter Grizzly der sich gerade wieder in die Büsche verzog. Offensichtlich hatte er kurz zuvor die Strasse überquert. Für Digicamfotos reichte die Zeit nicht. Allerdings sollte er auf den Dias dank Teleobjektiv formatfüllend zu sehen sein. Da war er also unser Petzi. Aus (vermeintlich?) sicherer Distanz im Auto mit dem Fuss auf dem Gaspedal die wohl sicherste Art diese Tiere zu erleben.

 

Über die Athabasca Falls mit ihrem türkisfarbenen Wasser ging es die letzten Kilometer nach Jasper. Dort Waipiti Campground (etwas eng, Dumping in der Nähe, 15$).

 

Jasper hat eigentlich ausser den Bergen bei schönem Wetter wenig zu bieten. Bei uns regnete es vor sich hin, war windig und kalt. Schade nix mit radeln. Wir zogen etwas durch die "Stadt" stiessen hier auf einen Aushang an der Rangerstation, dass im fast 200km entfernten Redearth Creek Tal ein "aggressive Grizzly" unterwegs sei (siehe oben) und wir stiessen auf die Information, das im nahen (25km östlich) Talbot Lake gute Hechtfischerei zu erwarten sei. Dort hin machten wir uns dann auf den Weg.

 

Aktueller Einschub:
Wir sitzen gerade in Jasper in einem Café nachdem wir kurzfristig beschlossen haben hier heute nachmittag in einem See mit den Bellyboats auf Hecht zu fischen. Auf der Karte stand Cappuccino. Ich freute mich und bestellte einen - was gar nicht so leicht war, weil der pubertierenden Kellner wohl nicht davon ausging, dass wir wirklich hier seien, um etwas zu bestellen. Kurzum, ich bekam meinen Cappuccino. Was sich mir da allerdings darbot konnte ich erst nach dem dritten Schlückchen glauben. Das war kein Cappu, es ging los, das oben Zimt drauf war (Die Nordamerikaner parfümieren wohl auch die Autoreifen mit Zimt), halb so schlimm - runter damit. Aber dann der kaum zu glaubende Geschmack. Bääääääää! Ich war mit nicht sicher ob es Spülwasser mit weissbrauner Farbe war oder der Rest von altem Kaffee mit Wasser aufgegossen. Ines meinte, es wäre wie das Spülwasser einer Espressomaschine. Ich lies ihn stehen. Der zweite Versuch entsprach Ines Wahl. Flavoured Cappuccino mit French Vanilla. Man sollte sich nicht täuschen lassen, ich wusste, dass dies nichts mit Cappuccino zu tun haben würde aber es schmeckte besser - allerdings so süss, dass es einem die Zähne an der Zunge festklebt. Kaum konnte ich den - allerdings recht gut schmeckenden - Kuchen dazwischen durchschieben. Um diese Süsse wegzubekommen der zweite so eben überlebte Versuch: ein doppelter Espresso. Naja, was da kam kommt besser aus unserem schicken italienischen Espressokocher im Camper. Es war etwas Dunkles, Bitteres, frei von jeglicher Crema - also viel Zucker rein - aber der war braun! Also den Weissen um das Bittere etwas zu lindern. Und dann runter damit. Aber jetzt hatte ich diese Süsse immer noch im Mund! Verdammt! Und Bier bekommt man in diesem, bezüglich des Alkohols ähnlich wie Schweden reglementierten Land nicht einfach in einem Café bestellen. Es wird Zeit, dass wir an den See zum Hechtfischen fahren bevor ich noch versüsse.

 

Belly Boaten bei starkem Wind ist witzig. Der See war allerdings nirgends tiefer als 1,5 Meter, super klar und an unserem Ufer der Wind auflandig. Sonst hätte das ganze lange Rückmärsche um den See bedeutet. Gegen Strömung oder Wind anzupaddeln ist mit unseren Boats kaum möglich. Dafür sind sie aber auch nicht gedacht. Der See sah eigentlich ideal für Hechte aus: Flach und Schilf. Aber ausser einem 35cm Kinderhecht konnte ich nichts auf die Streamer fangen. Ines blieb wie schon in Schweden ohne Hecht - soll wohl noch dauern ; ). Achja ich zerbrach meine Winston XTR Rute die sich, wie sich langsam herausstellt, ständig beim Werfen lockert. Zum Glück brach nur ein guter Zentimeter vom mittleren Teil ab, so dass ich weiterfischen konnte.

 

Mein Geburtstag nahte. Kurz vor Mitternacht wurde der Kuchen fertig. Besser die Kuchen: zwei Grosse und drei kleine Apfelkuchen mit Äpfeln vom Bighorn. Wir feierten eher unspektakulär und stiessen auf mein neues Lebensjahr mit Lagavulin an. An diesem Tag die anstehenden 750km bis Smithers zu fahren erschien wenig verlockend. Wir beschlossen, das recht schöne Wetter für einen weiteren Tag auf dem Talbot Lake zu nutzen. Ich hatte das gute Gefühl einen Geburtstagshecht zu fangen. Das Gefühl trog. Ich blieb Schneider. Komisch - wo waren in diesem See die Fische??? Abends machte Ines eine super gute Lasagne von der wir noch einen weiteren Tag zährten. Das war also mein 27er Geburtstag in Jasper. Frei jeglicher handschriftlichen Post und frei jeglicher physischer Geschenke im eigentlichen Sinne. Etwas schade, war aber scheinbar nicht möglich...

 

Und das waren die Canadien Rockies die im Sommer sicher zahlreiche Reize zu bieten haben, im Spätherbst aber etwas unwirtlich erscheinen. Vielleicht locken sie mal wieder in der Zukunft.

   
     


Canada - Columbia Icefield


Waterton Lake vom Bear Hump


Die Reisenden am Bear Hump


300 Tage Starkwind


Das Prince of Wales Hotel am
Waterton Lake


Prince of Wales Halle mit wunderbarem Blick


Am Highway 40


Am Highway 40


Readearth Creek


Der erste Schnee


Bow Lake


Icefields Parkway


Peyto Lake


Die Reisenden und ein Zipfel vom Peyto Lake


Erscheinung


Berg und See (Mistaya Lake?) am Icefields Parkway


Flusslandschaft am HW40


Columbia Icefield - Athapasca Geltscher 2001


Athapasca Falls Schlucht



Brennender Apfelkuchen


Ines auf dem Lake Talbot


Ines beim Fischen auf dem Lake Talbot


Wird das reichen?

 

 

           
 

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