Wir liessen Jasper hinter uns. Am Mount Robson vorbei fuhren wir
Richtung Prince George in British Columbia. Der höchste Berg der
Canadian Rockies lies sich immer nur kurz zwischen den Wolken blicken.
Scheinbar ist man sich nicht ganz sicher wie hoch er denn ist ob
3892 Meter oder 3954 Meter. Letzteres ist wohl richtig, das Schild
beim Aussichtspunkt lässt allerdings auf eine noch nicht allzulange
zurückliegenden Neuvermessung des Berges und anschliessenden Revision
der Höhenangabe schliessen. Bei ansprechenderer Witterung hätte
man hier sicher die ein oder anderen schöne Wanderung machen können.
Uns trieb es weiter. Nächstes Ziel war das ca. 700km entfernte Telkwa
an der Flussmündung des Telkwa Flusses in den Bulkley. Die an sich
nur teilweise reizvolle Fahrt wurde durch ein neun stündiges Hörspiel,
basierend auf dem Buch "Säulen der Erde" (es handelt eigentlich
vom Bau einer gothischen Kathedrale in England, diese Handlung tritt
im Hörspiel allerdings etwas in den Hintergrund) versüsst. Wenn
ich mir vorstelle, dieses Hörpsiel am Donnerstagabend über 12 Wochen
Stück für Stück anhören zu müssen, dann wäre ich allerdings nicht
sehr erfreut. Es wäre dann doch etwas zu langatmig, zu undicht,
zu absehbar. Jonas ist mir da um Grössenordnungen lieber. Hier aber
kamen wir nach einem Tag Fahren über den Yellowhead Highway wohl
unterhalten in Telkwa an.
Telkwa ist ein kleiner Ort, 10km vor Smithers dem nächst grösseren
Städtchen, in dem wir den Montag einkaufend, Informationen sammelnd
und waschend verbrachten. Von den beiden FlyShops kommt einer meinem
Wunschladen recht nahe: Angeln und Räder waren dessen Handelsartikel.
Noch dazu geführt von einem Wolfratshausener Namensvetter. Er ist
allerdings vor 30 Jahren nach Canada. (McBike an der Main Street).
Herberge fanden wir nach der ersten etwas planlosen Nach vor dem
geschlossenen Campground in Smithers beim Lake Tyhee Campground
in Telkwa, der zwar eigentlich auch schon zu hatte aber doch noch
nicht mit der Schranke verschlossen war. Aufkiesungen der Campgroundwege
waren der Grund für dessen Zugänglichkeit, allerdings frage ich
mich, was in fünf Jahren ist wenn die weiter so aufkiesen, wahrscheinlich
sind dann die Wege 2 Meter über dem alten Niveau und der restlichen
Anlage.
Es sollte mit dem Steelheadfischen am Bulkley losgehen. Wir hatten
unsere Permit, die Steelheadstamp und drei Tageskarten am Bulkley
der ein Classified Water ist für das man extra Lizenzen braucht
(Die man unsinnigerweise auf Flüsse im Vorhinein festlegen muss).
Ich war etwas zögerlich gleich zu den in den Shops genannten Stellen
zu gehen: sie lagen alle irgendwie mitten im Ort, das machte mich
skeptisch. Ich wollte erst etwas vom Fluss sehen. So fuhren wir
ca. 20 km von Telkwa auf der linken Forststrasse am Fluss aufwärts
mit dem Resultat, dass diese Forststrasse unser Auto total einsaute
und wir feststellten, dass man auf ihr eigentlich nur zweimal in
Flussnähe kommt. Schön. Wir versuchten dann unser Glück an der Brücke
nach der sie wieder zurück nach Telkwa führt. Allerdings nicht wirklich.
Mit der Vorstellung einen ein Kilometer langen Pool zu befischen
konnten wir uns nicht anfreunden. Ich machte noch ein paar Würfe
die einem von der Brücke aus entdeckten Fisch galten. Ines stand
oben auf der Brücke und wies mich ein, damit meine Fliege verführerisch
vor dem Fisch tanzen möge. Nichts. Nichts. Nichts. Keine Reaktion.
Hierbei ist zusagen, dass Steelheads nach ein zwei Jahren im Süsswasser
ins Meer wandern, dort fressen und wachsen und dann nach einigen
Jahren wieder zurück in ihren Heimatfluss zum laichen kommen. In
dieser Zeit in ihrem Heimatfluss - die mehrere Monate und einige
hundert Kilometer Reise lang sein kann - fressen sie eigentlich
nichts. Dieses Verhalten ist dem der Lachse ähnlich, allerdings
sterben Steelheads nicht wie der Pazifischelachs nach dem Laichen
zwingend, sondern können mehrmals in ihren Heimatfluss zurückkehren.
Steelheads sind meerwandernde Regenbogenforellen. Zwischen 8 und
20Pfd ist eine häufiger vorkommenden Grösse. Grosse Exemplare können
auch über 30Pfd haben - und erfreuen ein Anglerherz dann noch mehr
als der Fang eines Steelheads an sich. Diese anadromen Wanderfische
kommen z.B. in BC, in der Region der Great Lakes in den USA und
Dänemark vor. Besonders aber wohl in BC. Steelheads werden auch
der Fisch der 1000 Würfe genannt. Ungefähr so viele kann man pro
Fisch kalkulieren. Das entspricht dann ca. 15 Std. im Wasser stehen
und werfen.
Wir fuhren also wieder zurück nach Telkwa und fischten im vielversprechend
aussehenden Pool unterhalb der Mündung des Telkwas in den Bulkley.
Das Glück war uns nicht ganz hold und so fuhren wir Abends wieder
unverrichteter Dinge auf unseren offenzuen Campground.
Der folgende Tag brachte keine fischereiliche Abwechslung. Der
vielversprechende Pool wollte uns keine Fische gönnen. Am Wasser
lernten wir allerdings einen ehemaligen Guide kennen der unsere
Platzwahl bestätigte. Auch er wässerte dort seine Leine. Er zeigte
uns seine funktionale Fliegendose: er fischte nur mit drei Mustern
einem Roten (Scarlet Dancer), einem Schwarzen (Deamon Dancer) und
einem weiteren Muster. Und das offensichtlich erfolgreich. Ich nahm
mir vor, seine Fliegen nachzubinden und am nächsten Tag auszuprobieren.
Für heut war es genug.
Wir hatten entdeckt, dass es in Telkwa eine Bar gab die einen Computer
mit Internetzugang hatte. Dort zog es uns jetzt hin. Internet und
Bier - diese Verlockung erschien grösser als die wenig erfolgreiche
Fischerei.
Donnerstag der 18. Oktober. Wir gingen wieder an den Bridge Pool
in Telkwa. Es war ausnahmsweise recht sonnig und warm. Gegen Mittag
hatte Ines etwas an der Angel dessen Identität anfangs als Steelhead
bezeichnet wurde aber dessen nicht vorhandene Kampfkraft und relativ
grosses Maul Zweifel aufkommen liessen ob es nicht ein gewöhnlicher
Lachs sei. Diese Frage wird wohl für immer ungeklärt bleiben. Ich
sah den Fisch nie, den er kämpfte so wenig, dass ich Ines trotz
schnellsten, ein Tauchbad in Kauf nehmendes, durch das Wasser hetzen,
nicht erreichen konnte bevor sie den Fisch released hatte. Die erfolgreiche
Fliege war eine von mir gebunden Egg Sucking Leeche Fliege. Jetzt
war ich natürlich in Zugzwang auch meinen Fisch zu fangen. Doch
Stunde um Stunde des Werfens verging und nichts tat sich an meiner
Fliege.... Da! Endlich! Gegen späten Nachmittag war es soweit. Aber
einen besonders fiten Eindruck machte auch mein Fisch nicht, wenn
auch alles auf seine Identität als Steelhead hinwies. Zwei drei
schnelle Fotos mit der IXUS und ab ins freie Wasser. Ein kräftiger
Schlag mit der grossen Schwanzflosse und weg war er. Das war also
mein erster Steelhead. Gefangen auf eine schwarz violette Popsicle,
gebunden vom Fänger. Ein paar abschliessende Würfe und wir verliessen
den Fluss und setzten uns für ein zwei Bier an den Internetrechner
im Pub.
Ausnahmsweise mussten wir heute auf einen Campground mit Hook-Up
gehen. Der Akku im Camper schrie nach Strom. Also fuhren wir zum
Fort Telkwa Campground in Telkwa. Luxus pur. Wasser, Strom und das
Beste eine Sauna und wunderbare Duschen (nicht das die im Camper
schlecht ist, aber mit mehr als 15 Liter Wasser zu duschen macht
mehr Spass). Wir assen und gingen danach zu schwedischen Zeiten
in die Sauna. War wohl nach zwölf als wir die Sauna nach einem Bier
(schwedischer Brauch) verliessen. Die Rückenschmerzen durch die
Bewegungspassivität der letzten Wochen waren deutlich besser.
Ein weiterer wenig erfolgreicher Tag am Bulkley, etwas aufgelockert
durch die Otterfamilie die uns täglich die Fische vertrieb und jetzt
ausgelassene Sandbäder am Ufer nahm. Abends noch ein paar Würfe
an der bei Einheimischen beliebten (nahe an der Stadt und man muss
nicht weit laufen) Stelle am Chicken Creek.
Kein Fisch mehr. In der Dunkelheit fuhren wir nach Hazelton um
dort am recht schönen Ross Lake zu kampieren.
Der nächste Tag war der Inbegriff von Ineffizienz. Wir pendelten
förmlich zwischen den drei Hazeltons. New-, South- und Old Hazelton.
Um einzukaufen, in die Library zu gehen und um schliesslich eine
Fischereikarte für den Kispiox zu kaufen. Wir fuhren an diesem Tag
wohl fünf mal über die leicht schwankende Stahlhängebrücke über
den Skeena zwischen New und Old Hazelton. In der Library in Old
Hazelton trafen wir einen begeisterten Fliegenfischer aus Alaska
der gerade dabei war, sich ein Anwesen in Hazelton zu kaufen. Er
(Ted) hatte wohl auch schon etwas ins Auge gefasst. Ca. 80 Acree
(das entspricht 320 000qm) direkt am Skeena gelegen. Vermutlich
sahen wir das Objekt in einem Fliegenfischer Magazin annonciert,
sah ausgesprochen gut aus...
Abends trafen wir uns wieder in der Sportsmans Lodge am Kispiox
oberhalb der Indianischen Ortschaft Kispiox. Wir versuchten bei
ein paar Bier von den dort anwesenden zwei Fischern wenigstens ein
paar Infos zu bekommen. Doch wir stiessen nur auf schweigen und
wenig konkrete Angaben.
Kurzer Exkurs zur Informationsgewinnung:
Konkrete Informationen zu interessanten Pools bekommt man hier schwierig.
Genaue Karten bekommt man nicht oder es gibt sie nicht. Das Beste
ist entweder man trifft auf einen freundlichen Einheimischen (am
besten ehemaligen Guide) oder man fährt den Fluss entlang und hält
Ausschau nach einheimischen Fahrzeugen von Fischern und versucht
dann dort an den Fluss zu kommen. Der Access zu den Flüssen ist
häufig - auch dann wenn eine Strasse in der Nähe verläuft - schwierig.
Alternative wäre ein Guide, doch nach unten geschilderter Erfahrung
würde ich mir dies dreimal überlegen. Unter Umständen sind dessen
Kosten besser in zwei drei extra Fischtagen investiert - insofern
man die Urlaubszeit hat. Anders sieht es natürlich aus, wenn man
Flüsse befischen will die ohne Guide nicht zugänglich sind. Ein
Beispiel dafür wäre der untere Skeenazufluss Kasix, ein wohl traumhafter
aber ohne Jettboat unerreichbarer Fluss. Die Frage ist allerdings
ob man als Tourist überhaupt diese Flüsse befischen muss wenn es
zahlreiche andere zugängliche Flusskilometer gibt.
Zurück zum Abend in der Lodge. Zu den beiden Fischern gesellte
sich ein Bärtiger Kerl. Ich fragte in die Runde ob jemand was mit
Guiding für in zwei oder drei Tagen wüsste. Der Bärtige gab sich
als Oberguide bzw. als Chef eines anwesenden mitte 20jährigen Guides
aus und antwortete auf die Frage was ein Tag, zwei Personen Steelheadguiding
kosten würde: One day guiding, 1200 Can$ for two people. Wir fragten
nicht nach ob dies ein Scherz sei. Dieser Mensch hatte nicht nur
keine Lust sondern wollte uns schlichtweg verarschen und das auf
ausgesprochen unverschämte Art und Weise. Angler: Be aware of Sportsmans
Lodge on the River Kispiox!!! Diese Erfahrung lässt einen jeden
Respekt vor dieser Zunft verlieren. Eine Antwort in der Grössenordnung
von 400 Can$ plus vielleicht 100 für das Jetboat hätte ihm evtl.
einen Tag Arbeit gegeben. Manche Zeitgenossen sind halt sehr kurzsichtig.
Wir kampierten am geschlossenen Campground nahe der Lodge und wunderten
uns in der Früh, das die Flushtoilets mit rotem komisch riechenden
Wasser gefüllt waren. Das war kein Wasser das war Frostschutzflüssigkeit
und die Flushtoilets konnte man nicht mehr flushen - sie waren für
den Winter präpariert und jetzt hatten sie eine besondere Überraschung.
Vormittags fischten wir die gut 1,5 Kilometer oberhalb der ersten
Brücke über den Kispiox (oberhalb der Lodge) ab. Die Stelle war
wohl nicht ganz dumm gewählt, denn es fanden sich andere Einheimische
dort ein. Doch irgendwie hatte keiner von uns Erfolg mit den Steelies.
Eine weitere interessante Fischstelle am Kispiox versprach die National
Forest Map (auf der die Gewässer sehr präzise eingezeichnet sind
aber sonst alles andere eher nur ungefähr verzeichnet ist) bei der
Einmündung des Cullon Creeks (ca. km 45). Das war unser Ziel für
den Nachmittag. Diese Stelle war wie im Steelheadbilderbuch. Einsam,
links und rechts am Fluss undurchdringlicher Wald und ideale Strömungsbilder
und Struktur des Wassers. Erwartungsvoll begannen wir zu Fischen.
Immer wieder umdrehen nach potentiellen Bären. Aber die liessen
sich nicht blicken. Gut so. Immerhin hatten wir beide etwas Erfolg
mit der Fliege, beide hatten wir einen Fisch an der Rute. Meiner
bis in unmittelbarer Nähe und daher machte ich zu bald zuviel Druck
und ein Sprung und er war von der Green Butt Skunk Fliege. Ines
erging es wohl ähnlich. Schade. Naja dafür war es eine wirklich
schöne Stelle.
Nachtquartier am Upper Kispiox Recreation Area, etwas übertrieben
der Name, da es sich eigentlich nur um ein paar Stellplätze in Flussnähe
mit einem kleinen Häuslein handelte, aber dennoch recht schön.
Diese entdeckte Traumstelle musste einfach Fische für uns haben,
also fuhren wir wieder dort hin und versuchten weiter unser Glück.
Es war kalt. Das Wasser hatte wenige Grad, die Luft um drei, die
Füsse werden trotz zweier Paar dicker Socken kalt, die Kälte kriecht
nach oben - brrrrrr. Es Regnete. Zum wärmen entzündete ich ein Feuer
(wenn man weiss wie, geht das auch bei starkem Regen, trockenes
Holz gibt es in fast jedem Wald, ganz dicht am Stamm der Nadelbäume,
entweder Totholz am Boden oder das abgestorbene Kleinzeug vom Baum,
mit kleinen Zweigen anfangen und das Feuer nicht zu schnell aufbauen,
dass es das meist nasse dickere Holz entzünden kann). Das Feuer
wärmte unsere kalten Füsse und Hände und brachte unsere Wathosen
zum Dampfen. Wir assen unsere Brote, ach hier heisst das ja Sandwich,
und versuchten die Wärme des langsam herabbrennenden Feuers zu konservieren.
Nach wenigen Minuten im Fluss fror es einen wieder wie zuvor. Dieser
Fischtag ging leider wieder ohne Erfolg zu Ende.
Wir übernachteten noch einmal am gleichen Platz um dann recht früh
gen Terrace aufbrechen zu können bzw. in der Library in Old Hazelton
noch einmal ein bisschen im Netz zu stöbern. Die öffnete aber erst
um elf. Das ganze frühe Aufstehen war fast umsonst. Wir frühstückten
und sahen uns das `Ksan Indian Village mit seinen nachgebauten Holzlanghäusern
und Totempfählen an.
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